Sächsische Zeitung Mittwoch. 12. März 1997
Zu sparsam, um gefördert zu werden?
Sächsische Vereine vorgestellt: Kulturzuschlag e.V. e. V.
Von Uwe Salzbrenner
Im Autoradio eine Kassette von C4Space, die nicht in der Gegend spielen, fahre ich zu einem Verein, dessen Möglichkeiten brach liegen. An Profil fehlt es nicht, es sind die Finanzen. Zynismus der Beamtenlogik: Was an Eintritt zu erwarten ist, ist noch in den Taschen der Gäste, also nicht vorhanden. Und zu virtuellem Geld gibt es nichts dazu - nach drei Jahren Förderung hat das Regierungspräsidium Dresden den Zuschuß gestoppt: mit dem Hinweis, sich von hehren Zielen zu lösen.

Keine kommerzielle Kleinkunst

Dabei ist kommerziell kaum verwertbare Kleinkunst, was der Kulturzuschlag e. V. seit 1992 auf die Görlitzer Bühnen bringt. Hochkarätiger Jazz mit Volker Schlott, Kabarett von Martin Herrmann. Performance gezaubert durch Lindy Anes, Folk gespielt von den Gebrüdern Uhlmann - vom Publikum stets gelobt das hohe Niveau. Genau getroffen die Lücke im Kulturangebot der Stadt. Eigentlich sollen es nur drei bis vier Abend jährlich sein, als der Verein beginnt; auch die noch ein Fehlstart. Sind die acht Mitglieder doch bloß Liebhaber, die sich von Konzerten oder dem Jazz-Klub kennen. Keiner setzt sich den Hut auf, auch wenn heute Friedemann Dressler und Reinhard Schubert für den Verein sprechen. Sie schaffen es trotzdem. Beruflich stark eingebunden, bleibt ihnen nur die karge Freizelt. Wer sich privat so einsetzt, braucht weder Büro nach Angestellte, "die Leute nicht nur von der Straße", so Schubert, "sondern auch vom Fernseher wegzuholen". Ein festes Haus haben sie ohnehin nicht. Daß die Veranstaltungen von Raum zu Raum wechseln, ist eine Gewohnheit, die keine Miete kostet, aber niemals Beteiligung am Umsatz verspricht. Seit 1993 gastiert der Verein im "Apollo", als aus dem ehemaligen Klubkino eine Kneipe wird. Doch das Lokal scheitert und wartet auf den Neuanfang. Die "Vierradenmühle" an der Neiße springt ein. Nur, im Umfeld von Talk und Mittvierziger-Tanz bleiben die jüngeren Gäste weg. Wie unter solchen Bedingungen das Programm auf 28 Veranstaltungen im Jahr anwachsen konnte, die heute fehlen, das verwundert.
Das Kulturamt der Stadt honoriert von Anfang an die Mühe um eine Sparte, die woanders städtische Häuser bedienen. Ganz klar, daß vom bewußt niedrig gehaltenen Eintritt allein kein namhafter Künstler zu bezahlen ist. Wer in die äußerste Ecke Deutschlands kommt braucht gewöhnlich Übernachtung, auch das kostet. Bisher haben die Stadt, das Regierungspräsidium und der Verein das Risiko zu gleichen Teilen übernommen. Jetzt ist der Dresdner Anteil weggefallen, die Begründung absurd. "Wir sind vermutlich zu sparsam, um gefördert zu werden", sagt Dressler. Was vom ehrgeizigen Programm bei weniger Geld vorerst übrigbleibt, sind 1997 acht Veranstaltungen. Die nächste am Sonnabend in der ,Vierradenmühle", Jazz mit dem Trio um Charles Davis - Querflöte. Gitarre und Kontrabaß.
Enger Terminplan der Freizeitarbeiter
Die Einschränkung schmerzt. Den Ärger haben die bisherigen Besucher. Wie schnell sich bei Freizeitarbeitern der enge Terminplan zu anderen Schwerpunkten hin verschiebt, wenn ihre Kunst nicht mehr möglich ist, kann sich jeder ausmalen. Zum Glück ist, was Kulturzuschlag gelernt hat, bei anderen in der Stadt bis hin zum Fremdenverkehrsverein gefragt. Die Jazztage brauchen Inhalt, ein Stadtteil will feiern - bei Susu Bilibi aus Togo haben damals die Leute auf dem Untermarkt noch nachts um zwei getanzt.


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